Im Laufe eines halben Jahres wurde Chellestrita etwas fröhlicher. „Ich glaube, wir zwei sollten daran denken, wieder zu arbeiten sobald die Zwillinge etwas älter sind“, sagte sie einmal zu Harry. „Ja, wieso denn nicht? Aber bis dahin werden noch Jahre vergehen!“ sagte Harry. Es vergingen in der Tat weitere sechs Jahre wie im Flug. Kein einziger Mordvorfall störte Großbritannien. Fast schien es, als hätte die Gefahr nur kurz und eher zum Spaß gewütet, aber Harry, Ron, Hermine, Chellestrita und Adelaide wussten: Dies war die Ruhe vor dem Sturm. Lily wurde elf Jahre alt und feierte aus diesem Grund eine ausufernde Party im Haus der Potters, zu der sie nicht nur die neunjährige Merredith, sondern die halbe Nachbarschaft eingeladen hatte. Den Erwachsenen (auch Neville mit seiner Frau Luna war gekommen) blieb nichts anderes übrig, als der lauten und fröhlichen Jugend den Garten zu überlassen und sich auf den Dachboden zurückzuziehen. Als alle anderen Gäste gegangen waren, kamen Lily, Jejo (zur Erinnerung: Jennifer Joanne), Nellie (Ninelle Narcissa) und Merredith ins Wohnzimmer. „Kann Merrily mit bei mir im Zimmer schlafen?“ fragte Lily und schaute dabei abwechselnd Harry und Chellestrita aus großen, hellgrünen Augen an. „Hat sie ihre Eltern gefragt, ob sie darf?“ fragte Chellestrita streng. „Aber natürlich habe ich! Meine Mutter freut sich immer, mich loszuhaben“, antwortete Merredith und hob den schwarzen Lockenkopf, den sie vorher gesenkt gehalten hatte. Harry war noch nie zuvor aufgefallen, dass ihre Augen eine seltsame Ähnlichkeit mit dem Vollmond hatten und mit noch etwas, was ihm jetzt gerade nicht einfallen wollte. Kurz nachdem er seine Zustimmung erteilt hatte, flatterte eine Eule ins Zimmer. „Die ist von Hermine“, sagte Chellestrita und band vorsichtig den Brief vom Eulenbein. „Sie schreibt, dass Kassandras Prophezeiung nicht im Ministerium liegt, zumindest nicht dort, wo sie Zugang hat. Es kann also noch einige Jahre dauern, bis wir wissen, um wen es sich handelt. Und bis dahin könnte es längst zu spät sein“, sagte Chellestrita. „Chelly, Hermine hat mich mit ihrer Eule gerade auf eine Idee gebracht… Wenn ich nur Adelaide sprechen könnte!“ rief Harry aus. „Weißt du was, Harry? Das lässt sich sogar einrichten. Als ich damals im Wohnzimmer gelandet bin, vor etwa sieben Jahren, da habe ich Adelaides Technik ausprobiert. Ich glaube, ich könnte zu ihr kommen und sie holen, egal wo sie sich gerade aufhält!“ sagte Chellestrita nicht ohne Begeisterung. „Das wäre viel zu gefährlich, ich lasse dich nicht…“ doch noch ehe Harry ausgeredet hatte, war sie verschwunden. Chellestrita ging durch den ihr bereits bekannten, rosafarbenen Nebel. Sie ging gleichzeitig schnell und langsam, konnte jedoch nirgends einen Ausgang erkennen. Wo war Adelaide nur? Chellestrita wusste, dass die Zeit still stand und Adelaide ihr eigentlich nicht entkommen konnte, aber langsam ergriff sie die Panik. Der rosafarbene Nebel schien sich immer dichter zu ballen, bis er an manchen Stellen nicht mehr rosa- sondern blutrot war und Chellestrita das Gefühl hatte, in ihm zu ersticken. Sie versuchte, den greifbar fest wirkenden Nebel wegzuschieben, aber es wollte ihr einfach nicht gelingen. Nebel legte sich schließlich auch auf ihre Augen und sie glaubte, sterben zu müssen, als der Nebel aufhörte, bedrohlich zu sein. Nur wenige Schritte später zerriss er vollständig und Chellestrita stand inmitten eines unendlichen Blumenmeers. Keine Spur mehr von irgendwelchen Nebeln. Das Licht war nicht so grell, was vielleicht daran lag, dass keine Sonne schien, sondern angenehm weich und gleichzeitig klar. Der Duft der Blumen war einfach betäubend und am Liebsten hätte Chellestrita sich einfach niedergelassen um in den Himmel zu starren und zu träumen, aber sie hatte Harry versprochen, Adelaide zu ihm zu bringen… „Hier ist es zwar sehr schön, aber ich muss weiter!“ rief Chellestrita laut aus und raffte ihr Kleid, so dass die hohen Blumen ihre nackten Beine kitzelten. Seltsamerweise wurde sie bei jedem Schritt immer müder und glaubte, jeden Augenblick einfach einzuschlafen. Um diese unerklärliche Müdigkeit zu vertreiben, sang sie lauthals die anstrengendsten Lieder, die sie in ihrer Theaterkarriere je gelernt hatte. Als sie sich heißer gesungen hatte, kam sie endlich zu den Haselnussbüschen, die um Adelaides Höhle wucherten. Nicht weit entfernt sah sie auch Adelaide selber. „Adelaide! Adelaide!“ rief Chellestrita mit letzter Kraft, trat dann über eine mit Kieselsteinen ausgelegte Grenzlinie und ging erschöpft zu Boden.