Mein Finger landete auf der Klingel unter dem Türschild auf dem "Meimberg" stand. Die Sprechanlage knackste und ich hörte eine Männerstimme. "Ja, wer ist da?" "Ich bins, Nilam" Der Türbuzzer summte. Ich drückte die Tür auf und machte mich auf den Weg in den obersten Stock. Oben an der Tür empfing sie schon Manuel. Er sah ein bisschen betreten drein. "Hallo Nilam, das ist ein bisschen umpassend, dass du ausgerechnet jetzt gerade kommst." "Warum das den?" Ich war doch sonst immer willkommen, was war den los? "Marie..." Doch er wurde von einem irren Geschrei unterbrochen. "Nilam, Mensch. Komm rein in die gute Stube du verrückter Regenbogenfisch." Marie war hinter Manuels Rücken aufgetaucht mit einem wilden Grinsen auf den Lippen. Widerwillig trat Manuel zur Seite, um mich hineinzulassen. Ich folgte Marie ins Wohnzimmer, die im Hopserlauf vorraushopste und dabei französische Kinderlieder sang. "Was ist los mit ihr? Ich meine, Marie ist schon manchmal etwas strange drauf, aber..." Dann sah ich es: Auf dem Esstisch lag ein Päckchen mit etwas, das wie rosafarbener Zucker aussah und von dem sich Marie im vorbeigehen ein bisschen genehmigte, laut auflachte und anfing mit ausgetreckten Armen und den Kopf gen Decke gerichtet sich wild im Kreis zu drehen. "Moment. Sind das Drogen?" "Naja, das ist..." "Das ist Happinez", unterbrach Marie ihren Mann. "Das habe ich von der Zahnfee." "Von der Zahnfee." Ich tauschte Blicke mit Manuel, doch der schien ein bisschen überfordert mit der Situation zu sein. "Ja. Schon ganz lange." Und dann fing sie an. "Petit Papa Noel" zu singen. "Sie bleibt immer bei der selben Geschichte. Das die Zahnfee ihr damals, als sie ihren ersten Milchzahn verloren hat, kein Geld unter das Kopfkissen gelegt hat, sondern einen Beutel von dem Zeug. Und seitdem nimmt sie es. Ich hab es schon mal untersuchen lassen, es scheint nicht mehr als gefärbter Zucker zu sein. Keine Ahnung, dass sie das so kirre macht." "Die Zahnfee hab ich lieb." Marie setzte sich neben mich und Manuel. "Wobei, sie sieht eher aus wie eine Mischung aus Tine Wittler und dem Typ von den Ludolfs der immer weiss, wo alles liegt." "Jaja, ist schon gut Schatz", Manuel tätschelte ihre Schulter. "Ich kann sie nicht abbringen das Zeug zu nehmen, aber ich passe immer drauf auf, dass sie das Haus nicht verlässt, wenn sie es genommen hat." "Mit Happinez... da kommen dir die besten Ideen..lalalala... Rafaelo, lecker Rafaelo." Sie legte den Kopf auf meine Schulter. Eigentlich war ich aus einem bestimmten Grund da, aber in ihrem Zustand konnte ich nicht mit ihr reden... "Und was treibt dich in unser bescheidenes Heim." Marie sah sie auf einmal mit einem unglaublich klaren Blick an. Waren die Wirkungen der Droge schon wieder abgewirkt? "Naja, ich bin hier weil ich dich sehen wollte. Ich habe von den SpaceFrogs erfahren, die es von Flo erfahren haben, das du deine Bürostelle bei Mediakraft aufgegeben hast. Warum hast du mir nichts davon gesagt?" "Das Leben ist wie eine Achterbahn. mal geht es auf und mal ab. Ich bin ein Einhorntintenfisch, der rosa Regenbögen blau anmalt." Ok, die Drogen waren doch noch in ihrem Blut. "Ich glaube ich komme wann anders wieder." Ich stand auf und wollte wieder gehen. "Ich mache morgen um sechs eine Party. Eine "Marie-macht-jetzt-ihr-eigenes-Ding-Party". Du bist eingeladen und noch ein paar andere Leute. "Und noch ein paar andere Leute? Wer kommt denn alles?" "Och nur die Berliner Crew. Elisa kommt, Batz und Manniac. Dann noch die HWG und die UWG und die Cubirds. Und Robin und Robert." "Nur ein paar Leute? Das sind sechzehn Leute, dich und Manuel nicht eingerechnet. Kriegen wir die überhaupt unter? Und willst du für alle kochen? Hast du überhaupt so viel Geschirr?" "Ach Nilalalamlein. Wir packen das schon. Wir machen einfach Nudeln mit Soße und Gurkensalat wie letztes Jahr beim Flüchtlingsessen, weisst du noch?" Sie holte ihr ihr vibrierendes Handy hervor und checkte es. "Das war Robert. Er sagt, er kommt auch. Und bringt einen großen Hunger mit. Wenn du noch kommst, kommen alle. Das wird awesome. Wir erzählen uns Geschichten von früher, als Youtube noch Youtube war und wir alle nackt mit Blumenkränzen über die Wiese gerannt sind." "Jetzt verwechselst du aber was." "Aber du kommst, oder? Bitte, bitte." Marie sah mich mit einem Blick an, die mich an einen kleinen Jungen von vor vielen Jahren erinnert hat." "Na gut. Und wenn es nur darum geht, dich vor versammelter Menge zu retten, wieder von der Zahnfee zu erzählen." "Die auf einem Zombieeinhorn reitet." "Wie konnte ich das vergessen." Ich ging zur Tür und warf dem fertig aussehenden Manuel einen Blick zu. "Also dann bis morgen. Schreib mir bitte, sollte Marie doch wieder ihre Meinung geändert haben. Über die Party meine ich." "Ist gebongt." Er nahm einen tiefen Atemzug. "Tschüssi Nilamlein. Und grüße deinen Mauschl schön von mir." "Mach ich." Ich schloss die Tür hinter mir. Und hatte erst einmal eine Menge zu verarbeiten.