Ich sah demonstrativ auf meine Uhr, als die Präsentation vorbei war. Die Blicke lagen auf mir. Ich wusste es. Soviel was auf dem Spiel stand. Soviel was von meiner Entscheidung jetzt abhing. Ich kostete den Moment genüsslich aus. Alles lief nach Plan.
"Das ist vollkommener Bullshit, wenn ich das mal so sagen darf." Ich sah, wie die Hoffnung von ihren Gesichtern abtröpfelte und rasch Augenkontakt getauscht wurde. Ich sah förmlich, wie ihre Gehirne nach Argumenten suchten, nach dem Plan B. "Aber die Zielgruppe liebt es. Und Y-Titty..." und dann warf er mir wieder dieselben Zahlen vor die Füße, die auch schon in der Präsentation genannt wurden. Als ob ich die schon wieder vergessen hätte. "Das reicht nicht. Das ist viel zu wenig. Zu wenig Productplacement, zu wenig Crossmediale Kampagnen, zu wenig Kollaborationen. Außerdem haben eure Y-Tittys zu wenig Medienwirksame Gesichter. An eurer Stelle würde ich sie umbesetzen. Bis auf den Türken, den erkennt man. Wie wäre es mit diesem Lefloid und dem blonden Beautypüppchen, anstatt den anderen zwei Deppen?" "Hey", meldete sich eine Stimme vom hinteren Ende des Tisches. "Zufällig bin ich Philipp Laude, Mitglied von Y-Titty und Mitgr..." "Wie gesagt... kein Medienwirksames Gesicht. Quod erat demonstrandum." Ich musste mir das Lachen verkneifen. Ich hatte nicht wirklich Lust oder Geld, irgendetwas in diesen Schuppen zu investieren, doch es gehörte zum Plan. Und die Rolle hier fing an so richtigen Spaß zu machen. Hier an diesem Tisch zu sitzen und alle zur Sau zu machen, als wäre ich der Chef hier. Verängstig saßen sie vor mir. Wie die sieben Geißlein vor dem Wolf. "Das können wir nicht machen. Die Kanäle haben immer noch das Recht über ihren Kanal zu bestimmen. Was sie produzieren, ob sie ihre Mitglieder rausschmeißen oder nicht, bleibt denen überlassen." Oh, dieser Kerl mit dem Karohemd und der Brille ging mir auf die Nerven. Krachten, oder wie der hieß. Der hielt sich wohl für besonders schlaue. Wie das Geißlein, das sich im Uhrenkasten versteckt hatte. Gefährlich. Den muss ich zuerst beseitigen. "Ja Kinners und was ist dann der ganze Sinn von dem ganzen hier, wenn eure Kanäle sowieso das machen, was sie wollen?" Ich lehnte mich zurück und verschränkte die Arme. "Wir unterstützen die Kanäle, helfen sie zu optimieren, organisieren..." "Jajaja", ich winkte ab. "Wir sind doch hier nicht bei der Caritas. Warum soll ich jemanden unterstützen, wenn ich davon keinen Nutzen habe, oder mitbestimmen darf?" Ich klappte demonstrativ meine Aktentasche zu. "Aber genug der harten Worte. Es gibt etwas, was mir einigermaßen gut gefällt. Und zwar dieses Ponk. Das gefällt mir." "Naja", wieder meldete sich dieses Karohemd. "Eigentlich wollten wir Ponk absägen..." "Ihr macht Witze." Ich zog meine Augenbrauen hoch und spielte Entrüstung vor. "Ponk ist das Beste, was ihr in dem Laden hier zu bieten habt. Ihr dürft das nicht absägen. Das hat so viel Potenzial. Merkt euch meine Worte." Ich stand auf. Zeit aufzubrechen. Ich runzelte die Stirn. "Nun, ich werde mir die ganze Sache überlegen und dann wieder melden. Auf Wiedersehen." Ich nickte kurz zum Abschied und verließ den Raum. Lies alle wie angegossen stehen. Draußen holte ich meine Unterlagen hervor. Dies war der erste Streich. Und der zweite kommt zugleich, schoss es mir durch den Kopf. Ich ging die Liste der Kanäle durch. Wo ging es als nächstes hin? Lefloid und ungespielt. Ich lächelte in mich hinein. Die Tage von YouTube waren gezählt. Und dann ist die Rache mein.