Ich glaube, jeder kommt in seiner Kindheit mal an den Punkt, wo man mal kurz von zuhause wegläuft, oder es zumindest plant. Entweder hat man etwas dummes angestellt. Oder man muss irgendwas im Haushalt machen und hat darauf überhaupt keine Lust. Oder man glaubt auch einfach einem Kinderfilm, wo weglaufen als ein cooles Abenteuer dargestellt wird. Was es bei mir genau war, weiss ich nicht mehr, vermutlich eine Mischung aus allen drei Sachen. Ich war auf jeden Fall so um die sieben, oder acht Jahre alt. Ich ging auf jeden Fall schon in die Schule und konnte schon ein bisschen lesen. Wichtig war, dass ich mitten in der Nacht meinen kleinen Rucksack packte und aus meinem Zimmerfenster kletterte. Ich fuhr wild mit verschiedenen U-und Straßenbahnen herum, bis ich irgendwann zum Tiergarten kam. Dort setzte ich mich ins Gras und besah mir durch die Bäume die voreifahrenden Autos und den Sternenhimmel über Berlin.
Wir wandeln durch die Welten. Wir haben keine Körper, wir brauchen sie auch nicht. Zusammen mit unserer Begleitseele reisen wir durch Ort und Zeit, kartografieren das Universum. Andere Völker nennen uns die Dab. Wie uns die Bewohner des Planeten Erde nennen, darüber sind sie sich selbst noch nicht einig. Nachdem ich auf dem Planeten ankam und auch wärend ich auf ihm war, wusste kaum eine handvoll Leute von der Existenz der Dab. Die Dab hatten nie die Absicht das Leben von irgendeinem Erdenbewohner zu beeinflussen, noch zu zerstören. Wir beobachten nur. Und trotzdem hat man mich kurz nach meiner Ankunft gefangen genommen. Hat mich eingesperrt. Tests an mir durchgeführt. Mich mit verschiedenen Strahlen bestrahlt. Ich konnte entkommen. In der kleinen, engen Transportkiste, wo sie mich zwischen den Tests gefangenhielten. Es war entwürdigend. Meine Seele konnte schneller sein als der Schall, als das Licht, schneller als jede Einheit, die man messen konnte. Und doch umkreiste in der Zeit, in der ich in der Kiste gefangen war, der Planet Erde seinen Energiespendenden Stern zehn mal, der Erdtrabant umkreiste die Erde mindestens sechs mal, wenn nicht sogar siebenmal. Ich konnte mich von selbst nicht aus dieser Kiste befreien. Und niemand wollte eine herrenlose Kiste öffnen, auf der "Caution: Property of Area 51" stand. Bis jetzt.
Mir wurde kalt und es wurde mir zu dunkel in diesem Grünstreifen, also bewegte ich mich auf die Straße zu. Vielleicht kam dann ein Auto, dass mich wieder nach Hause nahm. Denn ich hatte keine Ahnung mehr, wie ich wieder heim kommen würde. Ein großer Lkw mit einer flatternden Plane rauschte vorbei, musste an einer Baustelle ausweichen und rumpelte dabei über den Bordstein. Der gesamte LKW schwankte hin und her und verlor dabei etwas an Ladung. Aber er fuhr weiter, als hätte er es nicht gemerkt. In einer Pfütze auf dem Gehweg neben der Baustelle da lag sie. Die Kiste, die mein Leben verändern würde. Ich nahm sie mir. Sie war kaum größer als das Schmuckkästchen, das bei meiner Mutter auf dem Nachttisch stand und doch waren einige gefährlich aussehende Symbole darauf. Ich konnte zwar lesen, aber ich konnte nicht verstehen, was es war. Das es Englisch war, habe ich erst später erfahren. Etwas am Rand geschriebenes erregte meine Aufmerksamkeit besonders: N1L4M "Nilam!" Ich öffnete die Kiste.