Der herzergreifende Gesang des Phönix war verklungen. Nachdem sie noch einen Blick auf das weiße Grabmal geworfen hatte, ging sie langsam, sich mühsam auf einen Stock stützend, zum Schloss hinauf. Dass sie es noch immer sehen konnte, wunderte sie. Dumbledore war eben doch der größte Zauberer der Welt! Es schien, als sei sie in den letzten 24 Stunden um Jahre gealtert.
Rufus Scrimgeour entfernte sich mit raschen Schritten von Harry, er lief geradewegs auf Charity Burbage zu: „Man sagte mir, Sie waren eine alte Freundin von Dumbledore, Sie wissen doch sicherlich, was er in all den Stunden getan hat, als er nicht in der Schule war, Ihnen wird er es doch anvertraut haben – und Sie sind verpflichtet, dem Ministerium zu helfen.“ „ Ich wünsche Ihnen auch einen guten Tag, Herr Minister. Selbstverständlich hat Albus mich ins Vertrauen gezogen – und ich habe ihm mein Wort gegeben, mit niemandem darüber zu reden.“ „Aber jetzt ist Dumbledore tot! Ich muss Ihnen doch nicht erklären, dass Sie als Mitglied der magischen Gemeinschaft angehalten, ja geradezu verpflichtet sind, dem Ministerium zu helfen.“ - „Ich habe Albus mein Wort gegeben.“ Charity schaute dem Minister entrüstet in die Augen. Er musste den Blick abwenden, trat einen Schritt zurück, als wolle er Anlauf nehmen und setzte hinzu: „Wir haben da unsere ganz eigenen Methoden – nicht nur Seriositätssonden oder Veritaserum, es wäre besser, wenn Sie meine Fragen freiwillig beantworten würden.“ Charity machte einen Schritt auf den Minister zu, stieß ihren Stock wütend in den Boden und das Funkeln in ihren Augen zeigte ihm mehr noch als ihre Haltung, dass er zu weit gegangen war. „Herr Minister, ich wurde noch auf die altmodische Art erzogen, deshalb sage ich Ihnen jetzt nicht, wo Sie sich Ihr Veritaserum hinschütten und Ihre Seriositätssonden hinstecken können. Eines aber müssen Sie wissen: Ich fühle mich weder der magischen Gemeinschaft noch Ihrem Ministerium verpflichtet, sondern einzig und allein meinem Gewissen – und dem Wort, das ich Albus gegeben habe.“ Rufus sah in diesem Moment mehr denn je wie ein alter Löwe aus. „Also – wo ist er hingegangen?“ - „Herr Minister, können Sie schweigen?“ - „Selbstverständlich, wie ein Grab.“ - „Nun, Herr Minister, ich auch!“ Rufus Srimgeour schüttelte den Kopf. So eine sture alte Hexe!
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„Hat er es bei Ihnen auch versucht?“ - „Natürlich, Harry, das musste er, es sieht momentan gar nicht gut aus im Ministerium, sie klammern sich an jeden Strohhalm, aber das soll im Moment nicht unsere Sorge sein, ich muss ganz dringend mit Ihnen, Miss Granger und Ronald Weasley reden, vor allem aber mit Mrs. McGonagall. Könnten Sie es einrichten, nachher auf eine Tasse Tee zu mir zu kommen, es ist wirklich wichtig.“ - „Geht es Ihnen nicht gut, Prof. Burbage, soll ich Sie ins Schloss begleiten?“ - „Nein, danke, es ist nur – Albus hat mit seinen unglaublichen magischen Kräften auch bei mir einiges gegen die Gebrechen des Alters tun können – und nun....“ Harry verstand, die Zauber von Dumbledore wirkten nicht mehr, deshalb sah sie nun viel älter aus. Aber konnte sie nicht selbst...? Er wusste nicht, ob ein seelischer Schock die magischen Kräfte so sehr beeinflussen konnte, aber wahrscheinlich war es so. Als sie nach einiger Zeit alle in Charitys Zimmer saßen, stand diese auf und verblüffte sie mit den Worten: „Prof. Dumbledore hat mich gebeten, nach seinem Tod den folgenden Test durchzuführen: Ich werde diesen Raum jetzt für fünf Minuten verlassen. In dieser Zeit versucht jeder von Ihnen, den Namen des Ortes auszusprechen, an dem sich das Hauptquartiers des Phönixordens befindet. Wenn ich wieder hereinkomme, teilen Sie mir bitte mit, was passiert ist.“ Hermine reckte wie im Unterricht die Hand und sagte: „Jetzt, wo Dumbledore tot ist, sind wir doch alle Geheimniswahrer, oder nicht?“ - „Genau das ist die richtige Frage, Miss Granger, bitte versuchen Sie es.“ Die Katze sprang ihrem Frauchen auf die Schulter und beide verließen das Zimmer. „Was war das denn jetzt – und was heißt, Albus hat mich gebeten, nach seinem Tod ... - das klingt ja, als hätte sie gewusst, dass Dumbledore sterben würde – und als habe er es selbst auch gewusst...?“ Rons Stimme klang ungläubig und er sah Hermine an, als erwarte er von ihr eine Erklärung. McGonagall murmelte leise: „Das ist die richtige Frage...“ Und dann erlebten alle vier eine Überraschung! Keiner von ihnen konnte den Namen des Ortes aussprechen – wie konnte das sein, Dumbledore war doch tot??? - Die Katze kam hereingesprungen, gefolgt von Prof. Burbage, die gespannt von einem zum anderen sah: „Nun, was haben Sie mir zu sagen?“ Prof. McGonagall sah gespannt zu ihrer Gastgeberin und fragte: „Würde es Sie sehr überraschen, wenn wir Ihnen sagten, dass keiner von uns den Namen aussprechen konnte?“ - „Tatsächlich – ist das so?“ Charity ließ sich erleichtert auf einen ihrer Sessel fallen und antwortete auf die unausgesprochenen Fragen: „Sie alle kannten Prof. Dumbledore doch auch recht gut. Der Schutz und die Sicherheit des Phönixordens waren ihm so wichtig, dass ihm ein gewöhnlicher Fideliuszauber nicht ausreichte. Er ließ alle Welt glauben, er sei der Geheimniswahrer des Ordens, in Wirklichkeit jedoch wahrte Albus nur das Geheimnis, in wessen Gedächtnis er tatsächlich den Namen des Ortes verborgen hatte. Es war ein doppelter Bluff, denn auch unter Folter und unter Einsatz von Legilimentik kann ich immer wahrheitsgemäß antworten, dass ich noch nie dort gewesen bin, da ich nicht Mitglied des Ordens bin. Albus nannte das einen seiner brillanteren Einfälle...“ - „S i e sind also....“ Minerva McGonagall schaute Charity ungläubig an. - „Ja, und da so etwas noch nie gemacht wurde, konnten wir nicht ganz sicher sein, was passiert, wenn er tot ist, deshalb musste dieser Test sein.“
Ein Waldkauz kam ans Fenster geflogen, Charity öffnete und ließ ihn ein. Vor Prof. McGonagall machte er Halt und streckte sein Bein aus. Nachdem sie das Pergament abgelöst und einen Blick darauf geworfen hatte, entschuldigte sie sich: „Ich muss dringend ins Schulleiterbüro. Es geht um die Zukunft der Schule.“ „Wir müssen jetzt auch gehen.“ Hermine hielt es für besser, sich zu verabschieden, Prof. Burbage sah zu mitgenommen aus. - „Ich verstehe, dass Sie jetzt eine Weile allein sein wollen, aber ich möchte noch etwas Wichtiges mit Ihnen besprechen, Harry. Bitte besuchen Sie mich bei Gelegenheit noch einmal. Sie können gern ihre Freunde mitbringen, es geht sie alle an.“
Schön, dass dir die Stelle gefallen hat, das ist eines der Stücke, die ich erst beim erneuten Überarbeiten vor dem Posten hier eingefügt habe und die mir beim Schreiben richtig Spaß gemacht hat. ( Überarbeiten ist sonst nicht so der Spaßbringer, aber hier hab ich richtig Freude dran, wahrscheinlich, weil man nach längerem Liegenlassen doch einen anderen Blick auf die Texte bekommt - und es übt. ) Ja und was den doppelten Bluff betrifft - Albus leidet ja nicht an mangelndem Selbstbewusstsein, aber das war wirklich einer seiner brillanteren Einfälle ...
Überarbeiten kann ja durchaus Spaß machen :). Und hier hat es sich wirklich gelohnt und der Dialog ist sehr, sehr lebendig :D
ZitatJa und was den doppelten Bluff betrifft - Albus leidet ja nicht an mangelndem Selbstbewusstsein, aber das war wirklich einer seiner brillanteren Einfälle ...