„Professor Snape, bitte kommen Sie heute Nachmittag auf einen Tee zu mir, ich muss unbedingt mit Ihnen sprechen.“ Snape schaute verwundert von seinem Frühstücksteller auf und fragte : “Was gibt es denn so Dringendes?“ - „Nicht hier, bitte“ - mit einem eindringlichen Blick fixierte ihn Prof. Burbage - „ ich würde Sie nicht bitten, Ihre Zeit zu opfern, wenn es nicht wirklich wichtig wäre.“
Severus Snape rümpfte leicht die Nase, als er Prof. Burbages Zimmer betreten hatte. Es sah hier drin ganz und gar anders aus als in jedem anderen Büro in Hogwarts. Vor einem Schreibtisch mit Glasplatte stand ein moderner Drehstuhl, auch die anderen Möbel waren vorwiegend aus Glas, Metall und hellem Holz. Eine Wand wurde von einem großen Bücherregal eingenommen, es enthielt, soweit er das auf den ersten Blick sehen konnte, nur Muggelbücher. Als sie das Teegeschirr auf den Tisch stellte, fiel sein Blick auf ein Schwarz-Weiß-Foto, das in einem schlichten schwarzen Rahmen an der Wand hing. Er erkannte seine Gastgeberin darauf – inmitten ihrer Familie. Das Bild musste mindestens 30 Jahre alt sein. Keine der abgebildeten Personen bewegte sich. „Weshalb wollten Sie mich sprechen? Prof. Dumbledore sagte, Sie seien eine alte Freundin von ihm. Er hat nie von Ihnen gesprochen.“ „Es ist auch schon eine Ewigkeit her, dass wir uns kennenlernten, er war damals noch nicht Schulleiter – und ich fast noch ein Kind. Ich glaube, ich war damals ziemlich respektlos ihm gegenüber.“ Für einen Moment hatte sie ein schelmisches Grinsen im Gesicht, doch dann fuhr sie ernst fort: „Der gute Albus, ich mache mir Sorgen um ihn, er sieht so angegriffen aus. Und dann sein rechter Arm ...“ Snape fauchte wütend: „Er hört ja auch nicht auf mich, er müsste sich schonen und weniger unterwegs sein, - und dann sitzt er stundenlang mit diesem Potter zusammen statt sich auszuruhen!“
„Ja, Harry muss viele Dinge erfahren, auch ich muss ihm noch so manches erzählen, von dem Albus will, dass er es erfährt. Es wäre alles viel leichter, wenn er nicht ständig bei Ihnen nachsitzen müsste.“ „Potter hat es verdient!“ Jetzt fixierten ihre Augen Snape ganz fest. „Warum hassen Sie den Jungen so? Ich habe mit Albus darüber gesprochen, ich bin ganz ehrlich – ich weiß nicht, ob ich Ihnen trauen kann und habe ihn gefragt, wie er sich so sicher sein kann, dass Sie wirklich auf unserer Seite sind.“ Mit gepresster Stimme entgegnete Snape: „Und er hat Ihnen geantwortet....?“ „Seine Antwort hat mich nicht überzeugt, er sagte, er sei sich ganz sicher, Ihnen vertrauen zu können, aber er könne mir nicht sagen, warum, denn er habe Ihnen sein Wort gegeben, nicht darüber zu reden. Ich kenne Albus lange genug, um zu wissen, dass weiteres Fragen zwecklos war, also blieb mir nichts anderes übrig, als selbst mit Ihnen zu sprechen. Stehen Sie wirklich auf unserer Seite – und wenn das so ist, warum hassen Sie Harry so?“ „Potter ist wie sein Vater!“ Snape schleuderte ihr diesen Satz entgegen – sie hielt seinen Blick immer noch fest, ohne ein einziges Mal zu blinzeln. „Aber Professor, das ist doch nicht wahr. Er mag ja die Gesichtszüge von James haben, aber in seiner Art ähnelt er viel mehr seiner Mutter, und außerdem hat er ihre Augen – Lilly Evans leuchtende, grüne Augen ... Sie müssen das doch sehen, Sie haben Lilly doch gekannt.“ - „Hören Sie auf...!“ Snape stöhnte und barg sein Gesicht in den Händen. „Sehen Sie mich an, Professor, bitte.“ Sie hatte ganz leise und eindringlich gesprochen und suchte wieder seinen Blick. „Ist es das, Professor Snape, Lilly Evans ...“ - sie ließ das Wort in der Luft schweben und beobachtete seine Reaktion. „Wie haben Sie das gemacht, Sie alte Hexe, niemand sollte es je erfahren, niemand, schon gar nicht dieser Potter... “ „Sie haben mir da gerade unabsichtlich ein großes Kompliment gemacht, trinken Sie noch einen Schluck Tee, Professor, und glauben Sie mir: Ich kann ein Geheimnis sehr gut bewahren.“ - Bei diesen Worten stahl sich wieder ein schelmisches Grinsen in ihr Gesicht, das aber sofort wieder einem freundlichen Lächeln Platz machte, mit dem sie bekräftigte: „Niemand wird von diesem Gespräch erfahren, ich werde Albus nur sagen, dass er Recht hatte, Ihnen zu vertrauen. Darf ich dies auch Harry sagen?“ - „Sie dürfen, aber er wird es Ihnen sowieso nicht glauben.“ „Eines müssen Sie mir noch erklären“ - Snape runzelte die Stirn - „ich bin ein hervorragender Okklumentiker, ich habe mich gut gegen jede Art von Legilimentik gewappnet, wie haben Sie das gemacht?“ Die Lachfältchen in Charity Burbages Gesicht vertieften sich noch ein wenig mehr, dann erwiderte sie: „Wir kennen einander noch nicht so gut, mit dieser Erklärung würde ich gern noch einige Zeit warten, ich sage Ihnen nur eines: Sie würden es nicht glauben!“ Snape schaute sie ungläubig an, dann wanderten seine Blicke zu dem gerahmten Foto. Sie folgte seinem Blick und sagte: „Sie sind alle tot – Sie kennen ja den Mörder.“ „Der Dunkle Lord hat Ihre Familie ermordet?“ „Warum nennen Sie ihn so? Er heißt Tom Riddle und ist ein Psychopath! Er wollte mich umbringen, aber er hat das ganze Wohnhaus in die Luft gejagt – so starben an diesem Tag 24 unschuldige Menschen – und ausgerechnet ich habe überlebt, weil ich mit meiner Katze beim Tierarzt war. Albus war sehr besorgt und hat mich hierher nach Hogwarts gebracht...“ Snapes verwunderte Blicke wanderten durch den Raum. Konnte es sein, dass ... - nein, das war ja geradezu lächerlich ... Die getigerte Katze hatte es sich auf Charitys Schulter bequem gemacht und starrte ihn an. Gedankenverloren strich sie ihr über das Fell, so dass sie behaglich zu schnurren anfing. Charity reichte Snape die Hand: „Ich bin froh, dass wir auf derselben Seite stehen.“ Erschöpft ließ sich Charity in ihren Sessel fallen. Sie konnte Severus Snape also wirklich vertrauen, Sie entspannte sich, beruhigt und erleichtert.
Snape hingegen wäre froh gewesen, hätte er dasselbe von sich sagen können - er war ganz entschieden beunruhigt. Wie hatte sie das gemacht? Gab es eine Lücke in seiner Verteidigung? Er war doch wirklich ein hervorragender Okklumentiker. Ob es vielleicht einen neuen Trank gab, der diese Kräfte schwächte oder gar aufhob? Vielleicht hatte diese alte Hexe etwas in seinen Tee getan? Ja, das musste es sein. Er musste sofort mit Dumbledore sprechen. Der würde wissen, was zu tun ist. Eine solche Gefahr durfte man nicht unterschätzen.
Man kann mit Okklumentik nicht alles ausblenden, fürchte ich. Derzeit vermute ich ja, dass Charity eine ältere Dame mit bemerkenswerter Menschenkenntnis ist, der man nicht so leicht etwas vormachen kann. Und dass es für den unsensiblen Severus Snape so aussehen muss, als wären ihre Kräfte magisch. Auf das Gespräch mit Dumbledore bin ich ja gespannt.
Der arme Snape - er hat sich gegen magische Angriffe jeglicher Art gewappnet - und dann so etwas ... Du kennst ja Albus - dann ist dir sicherlich klar, dass Snape nach dem Gespräch mit ihm in etwas genauso schlau sein wird wie vorher. Zumindest wird er sich in Zukunft noch viel stärker vorsehen.