Zitat»Wenn du dich auf den Weg nach unten machst – dann ist es gut möglich, dass du nicht mehr zurückkannst.« »Wie Juma«, sagte Nevo. »Wie deine Freundin. Aber wenn du es tust und wenn du zurückkommst – dann erzähl mir, wie es ist. Da unten.«
Seit Generationen hat niemand das Gebäude verlassen. Alles, was Spaß macht, ist verboten. Die Hausverwaltung stellt die Regeln auf. Und Nevo muss sich an die Regeln halten, sonst verliert ihre Mutter die Wohnung und sie müssen im Haus weiter nach unten ziehen. Dorthin will man nicht. Doch dann fällt Nevos beste Freundin Juma in den Wäscheschacht und ist wie vom Erdboden verschluckt. Mehr noch, die Erwachsenen behaupten, Juma hätte es nie gegeben. Nevo ist zwar daran gewöhnt, auf Fragen keine Antworten zu bekommen, aber das geht zu weit. Sie macht sich auf den Weg nach unten, um Juma wiederzufinden – und erlebt das Abenteuer ihres Lebens.
Wenn du frei sein willst, musst du die Regeln brechen. Wenn alle frei sein sollen, musst du die Regeln ändern.
Gestern gelesen und dann musste ich das ein bisschen sacken lassen. Es ist ja ein ziemlich intensives Buch.
Normalerweise lese ich keine Kinderbücher. (Ausnahmen sind Rereads von Büchern, die ich als Kind/Frühteen gelesen habe und die ich als Komfortlektüre noch einmal lese oder zum ersten Mal in der Originalsprache. Aber eigentlich kaufe und lese ich keine Kinderbücher mehr rein für mich.) Für dieses Buch musste ich eine Ausnahme machen, weil alles daran geschrien hat "Du wirst es lieben". Und ich habe diese Ausnahme keinen Augenblick bereut.
Maja Ilisch schafft in diesem Buch etwas, das bisher nur sehr wenige Personen mit ihren Büchern schaffen - die Sinneseindrücke und Weltwahrnehmungen von Nevo so zu beschreiben, dass ich mich in einigen Aspekten zum ersten Mal richtig gesehen fühlte. Schade, dass ich bei einem Printbuch nicht einfach durch "Finger draufhalten" eine Notiz erzeugen und "Ja, ja, genau so fühlt sich das an! Ja exakt!" draufschreiben kann. (Oder können schon. Post-Its existieren. Aber ich wollte lieber weiterlesen, als erstmal ein Post-It zu suchen. Vielleicht mache ich beim Reread ja Zettelchen rein.) Teilweise habe ich mich beim Lesen gefühlt wie in einem Point and Click - und hätte das eine oder andere Setting echt gern länger erkundet und noch ein bisschen mehr über die Welt gelernt, die sich hier in Form eines Hochhauses präsentiert. Aber ich glaube, das ist kein Fehler des Buches, sondern liegt an der Tatsache, dass ich ungefähr drei Mal so alt bin wie die Leute, für die das Buch geschrieben ist. Und da wiederum finde ich es gut, wie viele Freiräume doch übrig gelassen werden. Wie viele Fragen aufgestellt werden, von denen nur ein Bruchteil beantwortet wird - der Rest darf dann in der Fantasie weiterspielen. Das war auch der Grund, aus dem ich nicht sofort zum Rezensieren an den PC gesprungen bin gestern, sondern bis heute gewartet habe.
Gleichzeitig ... es ist kein reines Feel-Good-Buch, in dem alles wunderbar sonnig ist. Die Atmosphäre würde ich an manchen Stellen mit Michael Endes "Momo" vergleichen, stellenweise auch düsterer, weil in "Unten" von der ersten Seite an sehr klar ist: Das ist eine Dystopie. Ja, für Kinder geschrieben, aber sie ist darum nicht weniger dystopisch und die aufgebaute Atmosphäre von Bedrohung hat dazu geführt, dass das Buch an den spannendsten Stellen ein bisschen wellige Seiten hat, weil ich es so stark umklammert habe. Es ist spannend, "innerhalb weniger Stunden in einem Rutsch zu lesen"-spannend. Und ich glaube, dass es nicht nur für Kinder und mich diesen Sog hatte. Sondern den für alle entfalten kann, die sich auf diese Geschichte einlassen möchten.