ZitatLincolnshire, 1896. Vor sieben Jahren verschwand die ehemalige Zofe der jungen Adelia Borrell unter mysteriösen Umständen, kurz nachdem sie im Herrenhaus Owls End angestellt wurde. Um endlich herauszufinden, was mit ihrer Freundin passiert ist, gibt Adelia sich als Gouvernante aus und wird in dem alten Anwesen vorstellig. Nicht nur das verwahrloste Gemäuer, auch seine Bewohner wecken in ihr den Gedanken, dass hier etwas nicht stimmt. Aber erst, als sie von einem Wechselbalg verfolgt wird und einer wunderschönen jungen Frau begegnet, der die Zeit nichts anzuhaben scheint, beginnt sie zu begreifen, wie groß die Gefahr ist, in der sie schwebt …
•Handlungsort und -zeit: England, Ende des 19. Jahrhunderts •Adelia begibt sich auf die Spur ihrer Freundin, die vor Jahren im Herrenhaus Owls End verschwand – doch hier lauert das Feenvolk auf sie ... •Romantasy für Fans von Kerri Maniscalco und Holly Black
Dieses Buch hinterlässt mich mit diesem Gefühl, das gute Bücher häufig hinterlassen - noch nicht bereit sein, einfach das nächste zu nehmen. Noch ein bisschen verweilen wollen, um zu erfahren, wie es jetzt eigentlich nach dem Ende des Buches weitergeht. Mit so mancher Frage im Herzen und einer Prise Hoffnung, die gerade in der aktuellen Zeit sehr gut tut. Ich habe mit vielem gerechnet, aber nicht damit, auf den letzten Prozent des Buches immer wieder mit den Tränen kämpfen zu müssen.
Adelia ist eine sympathische Protagonistin, die bei all ihrer Impulsivität auch immer wieder sehr reflektiert auftritt. Dabei ist sie ein Kind ihrer Zeit und von dessen Vorstellungen und Gepflogenheiten geprägt - sei es in Bezug auf die Liebe, auf den Glauben, auf das korrekte Benehmen ... Ich fand es spannend zu lesen, wie ein Mädchen, das letzten Endes bei aller Neugier und bei allem Wissensdrang doch in erster Linie "höhere Tochter" ist, ihren Horizont erweitert. Wenn ausgerechnet eine rationale, und in praktischen Dingen des Lebens ein bisschen unbedarfte Figur (Adelia sagt offen, dass sie sich weder selbstständig die Haare machen, noch ein Spiegelei braten könnte) plötzlich mit dem Übernatürlichen konfrontiert wird, ergibt das allein bereits ein ziemlich spannendes Konfliktpotential. Wenn dazu auf der Figurenebene aber auch noch Selbsterkenntnisse rund um das eigene Weltbild, eine Wünsche und Vorstellungen, und auch die eigene Sexualität hinzukommen, wird eine runde Sache daraus. Ich habe nicht nur genossen, wie Adelia versucht hat, die Rätsel von Owls End zu lösen, sondern fand es auch unglaublich menschlich, wie sie dargestellt wurde und wie sie sich im Laufe des Buches entwickelt hat. Dabei scheut sie auch nicht davor zurück, sich früher oder später unangenehme Wahrheiten einzugestehen. Ich mochte, wie die Liebesgeschichte aufgebaut war - nie Selbstzweck, und untrennbar mit dem Plot verwoben.
Ausführlicher mag ich nicht auf den Inhalt eingehen, um nicht über den Klappentext hinaus zu spoilern. Wer aber eine fantastische Geschichte lesen will, die gleichzeitig zutiefst in der zugehörigen historischen Epoche verwurzelt ist, mit einer Protagonistin, die eindeutig ein Mensch ihrer Zeit ist und trotzdem extrem nachvollziehbar denkt, fühlt und handelt, wird hier wahrscheinlich beim Lesen sehr glücklich.