Arebe setzte sich neben Myjana an den Küchentisch. "Wie geht es dir?" sie strich über Myjanas Arme. "Das wollte ich eher dich fragen.", Myjana sah sie mit großen Augen an. "Tut mir leid. Ich habe mich blöd verhalten.", Sie sah auf den Boden. "Es ist nur so... Die Zeit damals war nicht gerade einfach... Es war nicht so einfach, wie sich Mandragoras sich das so vorstellt." "Keine Sorge, ich gehe nicht." Myjana schüttelte den Kopf. "Ich gehe zu den Kobolden, wie wir das ausgemacht haben."
Arebe zögerte. Eigentlich sollte sie die Aussage ihrer Tochter erleichtert stimmen, doch das tat es nicht. Mandragoras Plan war vielleicht die einzige Chance Peter wiederzusehen. Doch konnte sie dafür wirklich das Leben ihrer Tochter aufs Spiel setzen? Doch wenn Myjana zu den Kobolden ging? Sie würde sich die entgangene Chance nie verzeihen. Außerdem wurde der dunkle Lord immer stärker und stärker. Sie hatte einen Schutzzauber um ihr Haus gezogen. Sollte je ein Todesser je ihre Apotheke betreten, würden sie sie nicht finden. Doch sie konnte nicht jeden schützen, den sie kannte. Wenn der dunkle Lord im Gedächtnis eines ahnungslosen Kunden von ihr stöbern würde, würde er herausfinden, dass sie noch lebte. Und dann war das Leben von allen, die sie kannte und liebte gefährdet. Einschließlich ihrer Schwester, deren Familie und Myjana. "Ich würde so gerne mit dir tauschen..." "Das geht nicht Maman. Ich muss mein Auslandsjahr machen. Außerdem musst du zwei Geschäfte führen und du bist auch noch Oberdruidin. Du musst unterrichten, Konferenzen abhalten, und so weiter. Wer soll dich denn vertreten?"
Arebe antwortete nicht. Wie sehr wünschte sie sich, jetzt mit ihrer besten Freundin Cliodna reden zu können. Sie war tatsächlich die einzige, der sie je über Myjanas Vater erzählt hatte. Cliodna starb wenige Wochen nach Myjanas Geburt. "Was ist los? I..ist es wegen Dad?", Arebe fiel auf, dass sie dafür nicht das Französische, sondern das Englische Wort benutzte. "H...hat er dir... wehgetan?" Arebe schüttelte den Kopf. "Du bist zu jung, um das zu verstehen." Myjana verdrehte die Augen: "Maman, ich bin fünfzehn und keine elf mehr. Ich habe vor ein paar Tagen meinen Muggelschulabschluss gemacht und bin eine Rashyda, also bin ich nach drudonischem Gesetz volljährig. Und das mit den Bienchen und Blümchen haben wir schon in der cinquième gemacht.", fügte sie hinzu, als würde das irgendeinen Unterschied machen. Arebe stützte das Gesicht in ihre Hände. "Es ist kompliziert." "Ist es dann also wahr? Mein Dad war ein Todesser?" "Nein... ich meine doch... Aber nicht so wie du denkst." Arebe sah auf in das Gesicht von Myjana, die ihre Augenbrauen hochgezogen hatte und sich an ihre spitze Nase tippte. Sie erinnerte sich an die Worte von Albus Dumbledore. Irgendwann musste sie es sowieso erfahren. Und besser von ihr, als wenn sie sich zusammen mit Agylyala irgendwelche wilden Geschichten zusammenfabulierte. Sie begann zu erzählen. Erzählte von den Malfoys, dem Plan des dunklen Lords, die Potters zu vernichten und dann, wie sie das erste Mal auf ihn getroffen hatte. "Erst hat er mir einfach nur leidgetan, wie er misshandelt wurde und eigentlich kein richtiger Todesser war. Ich habe ihm geholfen." "Und irgendwann hast du dich in ihn verliebt." "Ja", Arebe merkte, wie sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich. Sie sah ihn förmlich vor sich, wie er ihr durch das Haar strich. Wie er sich um sie gekümmert hatte, wenn sie gefoltert wurde. Wie er sich foltern ließ, damit der dunkle Lord nicht mehr sie folterte... Sie konnte es nicht zulassen, dass ihre Kleine gefoltert wurde. Und sie würden sie foltern, darin bestand kein Zweifel. "Und dann?", fragte Myjana. "Was ist dann passiert?" "An unserem letzten Abend hat er mir gestanden, dass er der Geheimniswahrer der Potters war und Angst habe, dass das der dunkle Lord herausfinden würde. Wir beschlossen zu fliehen. Ihn bei mir zu verstecken. Und in der Nacht... hatten wir unser erstes Mal. " Arebe holte Luft.“ Aber ich musste noch die Aufgabe des dunklen Lords vervollständigen. Ich musste den Horkrux finden. Und ich brauchte länger als ich dachte. Und als ich wiederkam..." "War er tot?" Arebe wollte nicht ja sagen, dass das ja nicht der Wahrheit entsprach, aber sie wusste nicht, wie sie es sonst erklären sollte. "Ich kannte seinen wahren Namen nicht. Er hatte so einen komischen Spitznamen, den ich mir nie merken konnte, also habe ich ihn Anoquey genannt, weil er ein Rattenanimagus war. Er kannte mich nur unter dem Namen "Flora Jardin". Aber zusammen mit Cliodna habe ich nach meinem Rashyd seinen richtigen Namen herausgefunden." Sie stoppte. Ihr Herz schlug wie verrückt. Sollte sie es ihr wirklich sagen? Mandragoras würde ausflippen, wenn er erfahren würde, dass sie ein Jahr mit Fensjohns Sohn verbracht hatte, ohne ihn je nach seinem Namen zu fragen, oder zu testen. "Peter Pettigrew." Myjana sah sie zuerst ein bisschen ungläubig an. Dann fing sie an zu strahlen. "Wirklich? Das heißt ja... das Fensjohn Perdoalgiz mein Opa war! Oh Mann! Das erklärt auch warum der Koboldkönig mir keinen höheren Rang geben wollte... Moment... das erklärt das eigentlich nicht. Wenn Fensjohn tot ist... und Peter auch... dann hätte mir der Koboldkönig eigentlich den Rang des Koboldgrafen verleihen müssen..." "Er ist aber nicht tot." Arebe holte Peters Brief hervor und gab ihn Myjana zum Lesen. Sie sah sie an. "Das heißt er ist beim dunklen Lord." Arebe nickte. "Als ich das herausgefunden habe, bin ich an alle Plätze gereist, die ich kannte. Aber der dunkle Lord hat sich anscheinend einen anderen Ort zum Verstecken ausgesucht. Und jetzt haben sie natürlich auch die Treffpunkte verändert. Wenn mein kein Todesser ist, ist es unmöglich, die Orte herauszufinden." Myjana sah Arebe an und holte tief Luft. "Ok. Ich mache es. Ich muss komplett verrückt sein, aber ich möchte mein Rashyd nicht mehr bei den Kobolden machen. Ich will Dad finden. Ich will deine Aufgabe zu Ende bringen. Den dunklen Lord stürzen." "Nein", Arebe schüttelte Myjana an den Schultern. "Machst du nicht. Du machst dein Rashyd bei den Kobolden." "Ich darf entscheiden, wo ich mein Auslandsjahr mache, Maman. Und ich will Dad finden. Für dich. Und für mich. Und den Rest der Druidengemeinschaft." Arebe sah Myjana an. Das kleine Mädchen, das immer so lieb und schüchtern war, sah sie nun aus ihren braunen, kleinen, wässrigen Augen mit einer Entschlossenheit an, die sie noch nie bei ihr gesehen hatte. Sie fiel ihr in die Arme. Und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.