Peter war auf die Knie gesunken, seinen Kopf in den Knien begraben. Er wagte es nicht aufzusehen um zu sehen was passiert war. Und die quälende Gewissheit zu haben, was er getan hatte.
Er hörte wie Stühle über den Steinboden schabten. Der dunkle Lord hatte das Todessertreffen aufgehoben. Peter nahm das alles nur verschwommen wahr.
„Bringt sie wieder dahin zurück, wo ihr sie her habt.“, zischte Voldemort, als würde es sich dabei um ein nicht passendes Kleidungsstück handeln. „Und lasst das dunkle Mal aufsteigen. Das wird dem Orden des Phönix eine Lehre sein“
Wurmschwanz hörte, wie die Leute das Zimmer nach und nach verließen. Ihm war kalt. Ganz widerlich kalt. Er wollte nur noch nach Hause, doch er wollte nicht aufstehen. Er hatte Angst in die toten Augen von Marlene zu sehn.
„So, Feierabend Wurmschwanz“, tönte Travers hinter seinem Rücken. „Geh nach Hause, ich will jetzt meine Ruhe.“ Vorsichtig richtete Peter sich auf. Marlene war weg. Einerseits war er froh darüber, andererseits schämte er sich für seine Feigheit, ihr nicht ins Gesicht gesehen zu haben, um sich Schmerzlicherweise klarzumachen, was er getan hatte.
Er spürte Floras Hand auf seinem Rücken. „Komm mit“, flüsterte sie. Peter lief es gleichzeitig heiß und kalt den Rücken hinunter. Ab jetzt konnte sein Tag nur noch besser werden. Flora packte ihn ungewöhnlich fest am Handgelenk und Peter wurde erst im letzten Augenblick klar was sie vorhatte.
Ein paar Sekunden später landeten Peter und Flora auf einer einsamen Straße. In der Ferne sah Wurmschwanz das Herrenhaus der Malfoys. Wurmschwanz stolperte, verlor das Gleichgewicht und riss sich und Flora zu Boden. Nervös, sich tausendmal entschuldigend, half er ihr wieder auf. „Das macht doch nischts“, sagte Flora freundlich. Peter konnte nichts weiter tun, als verlegen zu lächeln. Ihm war übel. Die Sache mit Marlene steckt ihm noch zu tief in den Knochen. Er wischte sich den Schweis von der Stirn. Die Knie versagten ihm. Er ging zu Boden und übergab sich ins Gras.
Peter zitterte am ganzen Körper, seine Hände waren eiskalt und krallten sich in das Gras, das am Wegrand stand. Er spürte wie Flora ihm zärtlich über den Rücken strich und wartete, bis er sich wieder erholt hatte. Er schämte sich. So viel Zuneigung hatte er nach dieser Tat doch wirklich nicht verdient. Er hörte, wie Flora in ihren Taschen raschelte und ihm ein sauberes Taschentuch anbot.
„Warum bist du eigentlich so nett zu mir?“ fragte er Flora, während er sich den Mund abwischte. Flora druckste herum: „Nun… nun … ja… du… du bis ja auch imme nett zu misch… und isch mag disch eben…“
Peter stand zögerlich auf, wischte sich mit dem Taschentuch auch noch die Hände ab und lies es dann mit einem leise gemurmelten ‚Evanesco’ verschwinden. Ungesagte Zauber waren nie seine Stärke gewesen.
„Wie meinst du das?“, fragte er leise. „Nun, du bist die einzige, die wirklisch nett su misch ist. Narzissa ist swar auch nett zu misch, aber…. Isch abe mir das ‚’ier alles ganz anders vorgestellt.“ Sie sah auf ihre Schuhe.
Peter biss sich nervös auf die Lippen. Er wollte aufmunternde Worte für sie finden, etwas was sie durchhalten lies, doch stattdessen bekam er nur diese nächste Frage heraus. „Was wollte der dunkle Lord eigentlich von dir?“
„Oh, nischts“, sagte Flora und scharrte mit den Füßen. „Wollte nur wiesen was Druiden für Saubersprüsche können unso… Du weiss schon… dünkle Magie… Wie man unsterblisch wird, oder wie man am schmerz’aftesten Leute umbringt“ Sie schluckte.
Das Wort „Umbringt“ war für Wurmschwanz wie ein dumpfer Stoß in den Magen und er wurde wieder unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Er fing an zu schluchtsen: „I..ich wollte das nicht. I...ch konnte nichts machen. Ich w…wusste nicht was ich …machen sollte.“ Flora verschwamm vor seinen Augen in einem See von Tränen.
„Du könntest nischts dafür.“ versuchte ihn Flora zu beruhigen. „Er at die Imperio Fluch bei dir angewendet. Selbst bei uns Druiden weis man, das man dort völlisch willenlos wird und alles tut, was die andere sagt“ „Mad-Eye hat gesagt, dass man ihn abschütteln kann.“ flüsterte er leise. „Wenn man genug Willensstärke besitzt, kann man ihn abschütteln. James und Sirius hätten das geschafft.“ „Aber du bist nischt Schäms oder Sirüs.“ „Ich wünschte, ich wäre wie sie. Sie können alles, ohne sich viel anzustrengen. Sie sind einfach überall beliebt. Sie können noch so viel Mist bauen und doch liebt jeder sie.“
Er wandte sich ab. „Ich bin ein niemand. Ich kann nichts. Ohne Sirius und James bin ich unsichtbar.“ „Abe’“, Flora legte ihre Hand auf seine Schulter. „Du kanns doch bestimmt irgendwas besser als die swei.“
Peter schnaubte leise: „Ja, Alte Runen“, „Wie bitte?“, fragte Flora nach. „Alte Runen“, wiederholte Peter etwas lauter. „James und Sirius haben das Fach nie genommen und ich hatte ein Ohnegleichen in meinen UTZ Prüfungen. Mit einem Ohnegleichen in Alte Runen lässt sich aber kein Arbeitgeber beeindrucken. Das Fach ist in der Praxis ziemlich nutzlos, außer man will Schatzjäger bei Gringotts werden. Und da brauch man außerdem Topnoten in Verteidigung gegen die dunklen Künste, Verwandlung, Zaubertränke und Arithmantik und da bin ich schon bei den ZAGs durchgefallen.“ Er war sich nicht sicher, ob Flora alles verstanden hatte, was er gesagt hatte, doch es tat gut, endlich einmal auszusprechen, was ihn schon länger bedrückte.
„Alle Frauen stehen auf Sirius und James“, machte Peter bedrückt weiter. „Jede Frau der Welt können sie haben. Sirius hat jedes Mal, wenn ich ihn treffe eine neue Flamme… und James… der hat Lily.“ Er drehte sich um und sah in Floras Gesicht.
„Aber… aber ich hatte noch nie …“ er brach ab und wurde rot. Ihm war plötzlich warm. Er sah in Floras Augen. So, wie sie ihn ansah, hatte ihn nie zuvor eine Frau angesehen. Da war kein Spott zu sehen. Oder Abscheu. Sie sah ihn einfach nur an und ein leichtes Lächeln war auf ihrem Mund zu sehen. Ein leichtes, freundliches Lächeln, das sein Herz vor Aufregung und Freude fast zerspringen ließ.
„Eine Freundin“ flüsterte er. Er fasste Flora an beiden Händen an. Wie klein und zierlich ihre Hände doch in seinen fetten Wurstpranken wirkten. Flora kam immer näher.
„Ich mag dich sehr, Flora“, sagte er ganz leise. „Ich … ich will dir nicht wehtun.“ Er schloss die Augen und genoss das Gefühl von Wärme, das ihn umschloss. Die letzten paar Stunden schienen wie vergessen zu sein. Er wollte ihre Hände nie wieder loslassen, nie wieder ihre Wärme vermissen. Und es wurde ihm immer wärmer…
Er fühlte, wie eine Hand von Flora sich aus seiner Hand löste und über seinen Arm, bis hoch zu seinem Hals strich. Hörte wie ihr Atem immer näher kam. Und irgendwann spürte er ihre Lippen auf seinen. Er wagte kaum, sich zu bewegen. Wagte kaum zu atmen. Sein Herz klopfte so laut, dass er glaubte, es käme ihm bald zu den Ohren wieder heraus. Ihm war, als wäre sein Körper ein reines Elektrizitätswerk. Und nach einer wunderschönen Ewigkeit, wie ihm schien, lösten sich ihre Lippen wieder von seinen.
Er öffnete seine Augen und sah sie an, betrunken vor Glück. Es war Freitag. Freitag der dreizehnte Februar 1981. Die Zaubererwelt stand Kopf unter Voldemorts Terrorherrschaft. Doch heute hatte er, Peter Pettigrew, das erste Mal eine Frau geküsst. Er würde diesen Tag nie vergessen.